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hossa! #11 - Interview von Michael Humboldt

 

Arjon Capel, Sie haben privat und musikalisch Neue Wege eingeschlagen und auf denen mit dem Album einen Meilenstein gesetzt. Was erträumen Sie sich auf diesen neuen Wegen?

 

Tatsächlich träume ich sehr viel. In der Vergangenheit - meistens nachts -kamen immer wieder Bilder und Gefühle ausgelöst durch einschneidende Erlebnisse, bei denen ich Gefahr lief krank zu werden. Vieles habe ich verdrängt.

Insofern ist für mich mein neuer bewusst eingeschlagener Weg meiner Passion „Musik“ zu folgen eine Befreiung und mit Freude habe ich auch ausgetretene Wege verlassen. Man kann nur eigene Spuren hinterlassen, wenn man nicht in die Fußstapfen anderer tritt.

Viele meiner Texte verarbeiten persönliche Erfahrungen. Nach 33 erfolgreichen Berufsjahren neue Wege zu gehen, habe ich erfahren dürfen. Dies verarbeite ich in meinem Song „Trau Dich aufstehen“ – der Glaube an sich selbst.

 

Refrain „Trau Dich aufstehen“:

Wenn Du tust, wofür du brennst

Wenn du weißt, wie du den Alltag brichst       

Wenn du tust, was du nur willst

Wenn du merkst, dass jeder Zweifel schmilzt

 

Und so hoffe ich auch, dass mein Publikum es fühlt was mich bewegt und vielleicht auch die positiven Gefühle, die meine Geschichten auslösen möchten, wiedererkennt. Ich möchte alle ermutigen, an sich zu glauben und auf das eigene „Bauchgefühl“ zu hören.

 

Auch wünsche ich mir meine Geschichten über die vielen Facetten von der Findung zu meinen neuen Wegen mit vielen Menschen bei Live-Konzerten zu teilen. Leider ist hierzu derzeit diese Gelegenheit ja sehr eingeschränkt. 

Ihr neues Album wird als wahres Panoptikum von scharfsinnigen Beobachtungen des Alltags beschrieben. Vielleicht können Sie einmal beschreiben, wie der Schreib-Prozess funktioniert.

 

Ich beschreibe den Songwriting-Prozess gerne als vollkommen losgelöst und befreit - wenn ich Texte schreibe oder Melodien komponiere, dann ist es als ob ich zeitlos bin – völlig unbefangen.

 

Ich habe dabei einen starken Partner an meiner Seite, mein Freund Ralf Beisner der selbst eigene lyrische Texte verfasst.

Initial besteht eine erste Idee basierend auf persönlichen Erfahrungen, Wahrnehmungen aus unserem Alltag sowie Themen, die mich aktuell bewegen. In der Diskussion entwickelt sich dann die Geschichte, die ich erzählen will. Es ist für uns beide schön Themen, Texte zu besprechen, zu reflektieren und zu spüren, dass man mit seinen eigenen Gedanken nicht „verloren“ geht.

Über unseren gemeinsamen Schreibprozess hat Ralf für mich einen Song geschrieben – und so leben wir unsere Träume, Leidenschaften, Erfahrungen, Sorgen und ganz wichtig auch die Heiterkeit des Lebens.

Der Song heißt 730 Tage, den ich plane zu einem späteren Zeitpunkt als Sonderedition herauszubringen.

 

Refrain des Songs:

 

Ein kleiner Song, ein kleines Gedicht

Aus ersten Gedanken wird ein Gesicht

Der eine sagt – der andere schreibt

Es entsteht etwas, das bleibt

Die aktuelle Single Montgolfiere beschreibt das Loslassen der Höhenangst. Verliert man die wirklich auf einer Ballonfahrt?

 

Manchmal muss man zu seinem Glück gezwungen werden. Ob das allerdings bei jedem funktioniert, kann natürlich bezweifelt werden. Es bestätigt aber umso mehr „Neue Wege“ zu gehen, ist es wert auszuprobieren und man wird dafür belohnt!

 

Ich bin ein Gefühls-Mensch und mein Kopf wollte immer die Überhand über mich haben oder oft auch gewinnen! Wenn man sich aber von einem Menschen, dem man blind vertraut, an die Hand nehmen lässt, passiert Unerwartetes.

 

 

Und das durfte ich erfahren und ungefiltert spüren, bei einer Alpenüber-querung im Heißluftballon auf über 5000m Höhe. In absoluter Stille, nur ab und zu das zischende Gas, kein Windgeräusch, weil man sich ja mit dem Wind fortbewegt. Das war ein so tiefes Naturerlebnis, bei dem ich die Höhe total vergessen habe. Erst wenn man sich frei fühlt, verliert man seine Ängste und so ist es bei vielen Themen, die im Kopf verankert sind.

 

Wer sind Ihre musikalischen Vorbilder und wer hat Sie für Ihre musikalische Arbeit inspiriert?

 

Schon als Kind sang ich und begleitete mich dabei auf der Gitarre. Während meiner Studentenzeit verdiente ich mir dann meinen Unterhalt bei Auftritten in Bars und Restaurants. Damals spielte ich ausschließlich Cover-Songs - alles was das Publikum gerne hören wollte.

Bob Dylan, Eric Clapton, James Taylor – „You´ve Got A Friend“ waren meine frühen musikalischen Vorbilder.

Als ich nach meinem Studium aus den Niederlanden nach Deutschland, Hamburg kam, lernte ich auch die deutsche Musik mehr kennen. Herbert Grönemeyer- Flugzeuge im Bauch - oder Nena fand ich besonders. Als Familienvater sang ich meinen beiden Kindern auch Gute-Nacht-Lieder von Herman van Veen und Rolf Zuckowski.

 

 

Mit dem Lied „Was ich an dir mag“, wurde ich auf Konstatin Wecker aufmerksam. Es ist für mich eines der schönsten Liebeslieder und lässt mich träumen. Aber erst viel später habe ich Text und Melodie so innig gefühlt - als ich meine Frau Sabine kennenlernte.

Ihrer Familie ist Ihr Halt, wie Sie sagen.  Wie steht sie zu ihrem musikalischen Werdegang?

 

Meine Familie hat mich bestärkt ”Neue Wege” zu gehen und auch maßgeblich den späten Schritt meine musikalischen Träume zu leben unterstützt. 

Nachdem ich das erste Album InneHalten mit Gedichten und Texten meiner Mutter sowie Verarbeitung eigener Erfahrungen  herausgebracht hatte, waren es meine Frau Sabine und meine Schwiegereltern, die mich ermutigt haben, damit weiter zu machen.

Meine beiden Kinder sind erwachsen und machen natürlich ihr eigenes Ding. Aber nachdem ich auf meinem 60. Geburtstag dann ein Konzert für meine Familie und Freunde gab, haben sie gespürt, welche Bedeutung es für mich hat, einen neuen Lebensabschnitt selbst in die Hand zu nehmen. Sie sind sehr stolz auf Ihren Vater.

Ich habe ja auch schon zwei Enkelkinder, die ganz vernarrt in meine Kinderlieder sind, die tatsächlich auch richtig tanzbar sind.

Es ist ein richtig gutes Gefühl, wenn deine Familie und enge Freunde an Dich glauben.

 

 

Sie haben den Schritt aus dem Berufsleben in die Musik gewagt. Hat sich das ausgezahlt, oder gab es in dieser Phase auch nachdenkliche Momente?

 

Mit Blick auf die persönliche Erfüllung, das Gefühl ganz bei sich zu sein und die besonderen Glücksmomente, wenn mich eine neue gelungene Melodie einfängt, ganz sicher.

Aber bei der Verfolgung seiner Träume ist es natürlich auch wie im richtigen Leben – ein Auf und Ab – manchmal auch eine richtige Achterbahnfahrt.

Nachdenklich macht mich natürlich auch die aktuelle Situation für Künstler und alle Musikschaffenden. Nur wenigen ist bewusst  wie viele Existenzen von den Corona-bedingten Auftrittsbeschränkungen bedroht sind. Ausgerechnet in dieser Zeit ein Musik Album heraus zu bringen, kann Leichtsinn sein, aber auch vielen Hörern Freunde bereiten. Mit meiner positiven Einstellung vertraue ich, dass meine Musik viele Fans findet und auch von ihnen gekauft wird.

 

Mein Motto Die Kunst das Leben zu leben konnte ich erst sehr spät in meiner Lebenszeit umsetzen. Aber darauf vertraue ich ganz fest für meinen weiteren Weg.

Welche Beziehung haben Sie zu Konstantin Wecker, auf dessen Label die CD Neue Wege erscheinen ist?

 

Nach Abschluss der Aufnahmen zu meinem Album ”Neue Wege” und dem finalisierten Mastering war ich auf der Suche nach einem Label.

Ich wollte meine Lieder, einem größeren Publikum zu Gehör bringen, natürlich mit der Hoffnung, dass mein Album gefällt und gekauft wird. Ich will ja meinen Lebensunterhalt weiterhin als Liedermacher bestreiten. Und natürlich stellte ich mir die Frage wem ich „meine“ Werke anvertrauen würde.

… und dann erinnerte ich mich, was ich bei dem Song; „Was ich an dir mag“ von Konstantin Wecker gefühlt hatte, als ich endlich meinen Lieblingsmenschen gefunden hatte.

 

So nahm ich Kontakt auf zu Sturm & Klang von Konstantin Wecker. Gleich nach den ersten Gesprächen fand sich ein Gleichklang – in Bezug auf mein Wertesystem, den künstlerischen Freiraum sowie die Künstler die Konstantin fördert - mein Label passt gut zu mir. 

Vielleicht können Sie auch dieses schöne Zitat noch ein bisschen erläutern:

 

„Ich habe früher oft zurückgeschaut und mir damit den Blick nach vorne genommen und auch die Freude am Jetzt. Seitdem ich meinen neuen Lebensabschnitt verwirklicht habe, hat sich dies deutlich geändert. Vielleicht musste der neue Weg einfach so sein. Damit hat sich die Sicht verändert und erst so kann ich die Geschenke des Lebens erfahren.“

 

Dieses Zitat bezieht sich auf den Song Mit der richtigen Sicht.  Häufig spürt man Druck von Außen und fühlt sich unter Stress, man ist im eigenen Hamsterrad gefangen – aber vieles spielt sich doch nur zwischen den eigenen Ohren ab.

 

Die Frage: Ist das Glas halb voll oder halb leer? kann ein guter Kompass sein.  Braucht man immer die nächst höhere Funktion,  Anerkennung und noch Mehr? Oder zählt nicht vielmehr sich der einfachen, schönen Dinge des Lebens bewusst zu werden, gemeinsam mit seinem liebsten Menschen wach zu werden, gemeinsame tiefe Gespräche, einen Spaziergang zu machen oder bewusst inne zu halten?

Wenn man sich seiner persönlichen Glückmomente bewusst wird, kann man das Heute leben und wieder positiv vom Morgen träumen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Petra Böll (Samstag, 10 April 2021 14:05)

    lieber Arjon,
    ein Interview in dem du so bist wie du bist. Weiterhin viel Erfolg. Mit deiner Musik wirst du noch viele Menschen erreichen. Hoffentlich bald mal wieder bei einem live Konzert, wenn auch nur im Kreis deiner Family.
    deine Freunde und Fans
    Petra und Roger

  • #2

    Arjon Capel (Dienstag, 13 April 2021 18:25)

    Liebe Petra, Lieber Roger,
    ganz herzlichen Dank und so schön von Euch zu hören.
    Fühle mich geehrt. Dieser Woche kam Musik Magazine SCHALL Nr.23, Seite 118 u. 119, heraus mit einem Interview, schau es Euch an, freue mich auf Feedback.
    groetjes Arjon Capel

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